Bauzinsenentwicklung 2024: Die Bauzinsen-Prognose unseres Experten

  • Mit welcher Entwicklung der Bauzinsen wird 2024 gerechnet? Alexander Naumann, Bereichsleiter des 1822direkt Immobiliencenters, im Interview über die wahrscheinliche Bauzinsenentwicklung.
  • Ist die Nachfrage nach Baufinanzierungen durch den jüngsten Zinsrutsch gestiegen?
  • Wie werden sich die Immobilienpreise und Mieten 2024 entwickeln?

Inhalt

    1. Frage: Die Bauzinsen haben seit November 2023 eine deutliche Korrektur vollzogen. Mit welcher Entwicklung rechnen Sie für 2024?

    Naumann: Ausschlaggebend für die weitere Entwicklung wird die Entscheidung der Notenbanken zur Einleitung einer Kehrtwende in ihrer Zinspolitik sein. Angesichts der gedämpften Konjunkturerwartung dürfte kein abrupter Wechsel erfolgen, sondern vielmehr vorsichtig und behutsam der strikte Kurs gelockert werden. Das Jahr 2024 wird weiterhin von der Geopolitik geprägt werden, was nicht für eine Stärkung des Welthandels spricht. Vielmehr ist eine Blockbildung zu beobachten. Insgesamt wird ein leichtes Wirtschaftswachstum und der Rückgang der Inflationsraten prognostiziert. Vor diesem Hintergrund dürften sich die Bauzinsen in einer Parallelentwicklung leicht verringern.

    2. Frage: Wie hoch sollte die Anfangstilgung bei einer Baufinanzierung mindestens sein und wie viel Eigenkapital sollten Häuslebauer idealerweise mitbringen?

    Naumann: Prinzipiell sind die Tilgung und der Eigenkapitaleinsatz
    so zu wählen, dass die Tragfähigkeit über die gesamte Laufzeit gegeben ist, also Zinsen und
    Tilgung monatlich gezahlt werden können. Die Tilgungshöhe wird meist so festgesetzt, dass bis zum Renteneintritt die Immobilienfinanzierung getilgt ist, da in der Regel das Einkommen im Ruhestand geringer ist als bei Berufstätigen. Ansonsten ist unsere Empfehlung, die Kreditbedingungen möglichst flexibel zu gestalten, sodass der Tilgungssatz an die Lebenssituation angepasst werden kann. Daneben gibt es unterschiedliche Einstellungen. Manche Kreditnehmer wollen möglichst schnell die Immobilie abbezahlen und andere wiederum wählen eine niedrigere Tilgung, um monatlich einen höheren Überschuss zu haben, damit sie sich weniger einschränken müssen. Beim Eigenkapital gibt es die Faustformel, dass etwa zehn bis dreißig Prozent des Kaufpreises durch eigene Mittel erfolgen sollten. Zumindest sollten die Kaufnebenkosten durch das Eigenkapital gedeckt sein.

    3. Frage: Sind 100-Prozent-Finanzierungen im aktuellen Marktumfeld noch möglich?

    Naumann: Die Bonität des Kreditnehmers vorausgesetzt sind diese Finanzierungen weiterhin möglich. Angesichts steigender Mieten könnte es für Kapitalanleger interessant sein, möglichst hohe Finanzierungsausläufe zu wählen. Auf der anderen Seite sind die Immobilienpreise noch nicht so weit gefestigt, dass bei einem Kauf kein Risiko des Preisrückgangs mehr besteht. Insofern gilt es das Risiko genau abzuwägen.

    4. Frage: Welche Laufzeiten steuern Ihre Kundinnen und Kunden im Moment überwiegend an?

    Naumann: Angesichts der gestiegenen Zinsen haben die zehnjährigen Zinsbindungen gegenüber den längeren Laufzeiten leicht zugenommen. Durch den niedrigeren Zins kann so in bestimmten Fällen besser eine Tragfähigkeit erreicht werden. Dabei besteht allerdings das Risiko, dass nach Ablauf der Zinsbindung bei meist noch einer relativ hohen Kreditsumme eine Anschlussfinanzierung zu teuren Konditionen aufgenommen werden muss.

    5. Frage: Wenn eine Anschlussfinanzierung in zwei, drei Jahren ansteht: Würden Sie das aktuelle Zinsniveau über ein Forward-Darlehen für die Anschlussfinanzierung sichern?

    Naumann: Ob ein Forward-Darlehen abgeschlossen werden sollte, ist und bleibt die Entscheidung des Kreditnehmers in Abhängigkeit seiner Einschätzung des Marktes. Zurzeit werden sehr wenige Kredite dieser Art abgeschlossen. Denn vor dem Hintergrund zu erwartender leicht rückläufiger langfristiger Zinsen müssten die Forwardaufschläge eigentlich negativ
    sein, was im Wettbewerb so nicht vorzufinden ist. Insofern gilt es zu prüfen, welches Risiko eintreten kann, wenn sich die Zinsen doch noch weiter nach oben bewegen oder bei einem vorzeitigen Abschluss eine Verteuerung nicht auszuschließen ist.

    7. Frage: Was ist im Moment besser: Jährlich Sondertilgungen vornehmen oder das Geld lieber anlegen und dann die Restschuld damit begleichen?

    Naumann: Das liegt im individuellen Ermessen des Kreditnehmers und ist abhängig von seiner Risikobereitschaft. Keinesfalls sollte zur Erzielung der Schuldenfreiheit auf steigende Kurse spekuliert werden. Vielmehr ist einzukalkulieren, wie viel Verlust getragen werden kann, ohne die Rückzahlung zu gefährden. Daneben spielen teilweise steuerliche Gesichtspunkte bei vermieteten Wohnungen eine Rolle, sodass es keine allgemeine Empfehlung geben kann. Da viele Immobilienkäufer eher risikoarm agieren, ist die Sondertilgung oft die bevorzugte Variante.

    8. Frage: Noch ein Ausblick auf den Immobilienmarkt: Wie werden sich die Immobilienpreise und Mieten 2024 entwickeln?

    Naumann: Das kräftig gestiegene Zinsniveau innerhalb eines Jahres hat für viele Käuferschichten eine Finanzierung zu sehr verteuert. Insofern hat der existierende Nachfrageüberhang, der für den kontinuierlichen Preisanstieg in den letzten zehn Jahren verantwortlich war, mit zwei Effekten nachgelassen:
    1. Es ist zu einer Korrektur am Immobilienmarkt mit Preisrückgängen gekommen.
    2. Die Nachfrage nach Mietimmobilien hat zugenommen und die Mieten steigen lassen.
    Mit den nachlassenden Bauzinsen dürfte sich das Preisniveau sowohl bei Immobilien als auch bei Mieten stabilisieren. Der Markt für Neubauten dürfte weiterhin aufgrund des Risikos für Bauträger angespannt bleiben, sodass es auf der Angebotsseite zu keiner Entlastung kommen dürfte.